4. Dezember 2024

Operation in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastung?

Unter bestimmten Voraussetzungen können Kosten steuerlich als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Dafür muss die Belastung außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen. Das Merkmal der Zwangsläufigkeit ist dann gegeben, wenn man sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Solche tatsächlichen Gründe können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen selbst oder naher Angehöriger gelegen sein. Dabei können auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind. Bezogen auf die freie Arztwahl können selbst höhere Aufwendungen als die von der Sozialversicherung finanzierten, als zwangläufig zu beurteilen sein, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen.

Das BFG hatte sich (GZ RV/7103207/2021 vom 30.9.2024) mit einem Fall auseinanderzusetzen, in dem die Kosten für eine Wirbelsäulenoperation in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden sollten. Begründet wurde dies mitunter damit, dass massive Schmerzen vorlagen, eine zeitnahe Operation in einem öffentlichen Krankenhaus (auch aufgrund der damals herrschenden COVID-19-Situation) nicht gesichert war und überdies ein Hinauszögern der Operation zu negativen medizinischen Konsequenzen führen könnte.

Im Rahmen der Entscheidungsfindung führte das BFG aus, dass eine Steuerermäßigung aufgrund einer außergewöhnlichen Belastung nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn auch die Gründe für die Inanspruchnahme einzeln angeführt und vom Steuerpflichtigen zumindest glaubhabt gemacht werden können. Im konkreten Fall wurde seitens der Steuerpflichtigen die Dringlichkeit der Operation durch Arztbriefe bestätigt und auch die generell schwierige Situation für Operationstermine in Krankenhäusern während der COVID-Pandemie angeführt - so war aufgrund von Corona kein sicherer OP-Termin möglich und eine Wartezeit in einem öffentlichen Spital von mindestens 6 bis 8 Monate (ohne Garantie der danach erfolgenden Operation) anzunehmen.

Im konkreten Fall verneinte das BFG die steuerliche Abzugsfähigkeit der Operationskosten als außergewöhnliche Belastung. Vor allem deshalb, da von der Steuerpflichtigen zwar behauptet wurde, dass in einem öffentlichen Krankenhaus kein zeitnaher Operationstermin zu bekommen wäre, allerdings nicht festgestellt werden konnte, wann sie in einem öffentlichen Krankenhaus konkret einen Operationstermin bekommen hätte. Selbst wenn in Zeiten von Corona sich die Organisation eines Untersuchungstermins in einem öffentlichen Krankenhaus schwieriger gestaltete, so war dies jedoch nicht unmöglich. Mangels Nachweises, dass die Operation in einem öffentlichen Krankenhaus nicht zeitgerecht möglich gewesen wäre, konnte das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe nicht festgestellt werden. Überdies wurde zwar mittels Arztbrief die Dringlichkeit der Operation bestätigt, konkret drohende ernsthafte gesundheitliche Nachteile bei einer späteren Operation wurden jedoch nicht dargelegt. Dabei ist auch zu bedenken, dass in öffentlichen Krankenhäusern (gesetzlich verankert) für die ärztliche Behandlung von Patienten ausschließlich deren Gesundheitszustand maßgeblich ist - das Krankenhaus hat daher die Operationstermine nach Dringlichkeit der medizinischen Behandlung zu vergeben.

Die steuerliche Geltendmachung von Kosten für die Behandlung in einer Privatklinik führt oftmals zur Ablehnung durch die Finanzbehörden, da angenommen wird, dass dies nur aufgrund der schnelleren Behandlung als in einem öffentlichen Krankenhaus geschieht. Eine sorgfältige Beweisvorsorge ist notwendig, um die strengen Hürden der steuerlichen Anerkennung als außergewöhnliche Belastung überwinden zu können. So sollte vorab ein öffentliches Krankenhaus um einen konkreten Operationstermin ersucht werden - danach kann allenfalls eine Privatklinik kontaktiert werden. Kann damit die längere Wartezeit in einem öffentlichen Krankenhaus nachgewiesen werden und führt die längere Wartezeit auf die Operation zu einem konkreten medizinischen Nachteil, so ist ein wichtiges Kriterium für die Geltendmachung der typischerweise höheren Kosten in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastung erfüllt. Alternativ müsste der Nachweis gelingen, dass im Zeitpunkt der Operation die Behandlungsmethode in einer Privatklinik jener in einem öffentlichen Krankenhaus überlegen ist. Gelingt weder noch, liegt regelmäßig keine außergewöhnliche Belastung vor.

Weitere Artikel im Dezember 2024

4. Dezember 2024

Mantelkauf trotz Beibehaltung der bisherigen Geschäftsführer

Der Mantelkauftatbestand hat im Körperschaftsteuerrecht Bedeutung im Zusammenhang mit Verlustvorträgen.

4. Dezember 2024

Der VwGH zur Einbeziehung von Gewinnausschüttungen in die GSVG-Beitragsgrundlage

Wie zuletzt in der KI 05/20 berichtet, werden aufgrund der besseren Datenübermittlung zwischen Finanzamt und Sozialversicherungsanstalt Gewinnausschüttungen für GSVG-pflichtige Gesellschafter-Geschäftsführer in die GSVG-Beitragsgrundlage nach § 25 Abs. 1 GSVG miteinbezogen.

4. Dezember 2024

Änderungen bei den Größenklassen für Kapitalgesellschaften laut UGB

Die Einteilung in die jeweilige Größenklasse für Kapitalgesellschaften (Kleinstkapitalgesellschaft (Micro), Kleine, Mittelgroße und Große Kapitalgesellschaft laut UGB) hängt von den Kriterien Bilanzsumme, Umsatzerlöse und durchschnittliche Arbeitnehmeranzahl ab.

4. Dezember 2024

Kurz-Info: Einigung zu ViDA

Anfang November haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf das Reformpaket zu "VAT in the Digital Age" (ViDA) geeinigt.

4. Dezember 2024

Seegrüne Vignette für 2025 wird teurer

Nachdem es im letzten Jahr einige Änderungen bei der Vignette gegeben hat (Einführung der 1-Tages-Vignette und deren sofortige Gültigkeit auch beim Onlinekauf usw.), kommt es im Jahr 2025 "nur" zu Preiserhöhungen ...

4. Dezember 2024

Aktueller Basis-, Stundungs-, Aussetzungs-, Anspruchs-, Beschwerde- und Umsatzsteuer­zinssatz

Der Basiszinssatz (zuletzt 3,03 %) dient bekanntermaßen als mehrfacher Referenzzinssatz. Durch die Senkung des Leitzinses durch die EZB wurde im September 2024 auch der Basiszinssatz von 3,88 % auf 3,03 % gesenkt.

So bleiben Sie immer auf dem Laufenden

Tempo und Dynamik haben bei Änderungen von Verordnungen, Richtlinien und Gesetzen rapide zugenommen. Behalten Sie den Überblick mit dem regelmäßig erscheinenden WTH-Newsletter.

Copyright © 2022-2025, WTH Mares, Bartos & Partner Steuerberatung KG