Die COVID-19-Krise hat neben betriebswirtschaftlichen Herausforderungen auch zu brisanten juristischen Fragen geführt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte sich (GZ 3 Ob 78/21y vom 21.10.2021) etwa mit einem Fall auseinanderzusetzen, in dem strittig war, ob eine Mietzinsbefreiung während des Lockdowns vorliegt und ob der Bezug eines Fixkostenzuschusses dabei eine Rolle spielen kann. Ausgangspunkt war, dass die Betreiberin eines Sonnenstudios innerhalb eines Einkaufszentrums während des behördlichen Lockdowns (sie fiel unter das Betretungsverbot i.Z.m. der Erbringung körpernaher Dienstleistungen) für einzelne Monate keinen Mietzins bezahlte. Gleichzeitig bezog sie – auch für die Monate, in denen sie die Miete schuldig blieb – Corona-Förderungen in Form des Fixkostenzuschusses bzw. des Umsatzersatzes.
Im konkreten Fall stellen sich also die Fragen, ob die Aussetzung der Mietzinszahlung durch den Lockdown gerechtfertigt werden kann und ob nicht etwa der erhaltene Fixkostenzuschuss an den Vermieter weitergegeben werden muss, um den ausständigen Mietzins zu begleichen. Einleitend für die Klärung ist, dass die COVID-19-Pandemie als Seuche (i.S.d. § 1104 ABGB) zu werten ist. Darunter versteht man ein elementares Ereignis, das vom Menschen nicht beherrschbar ist, sodass für dessen Folgen im Allgemeinen von niemandem Ersatz erwartet werden kann. Auch durch die COVID-19-Pandemie ist ein größerer Personenkreis auf eine Weise betroffen, die durch eine gesetzliche Regelung über Ersatzansprüche nicht ausgeglichen werden kann.
Für die Betreiberin des Sonnenstudios ist wesentlich, dass es für die Unbenutzbarkeit des Mietgegenstands auf die Erfüllung des vertraglichen Geschäftszweckes ankommt. Wenn der Kundenbereich eines gemieteten Geschäftslokals nicht von den Kunden betreten werden darf, so kann der bestimmungsgemäße Geschäftszweck nicht erfüllt werden. Daran ändert auch nichts, dass während der Lockdowns andere Geschäfte innerhalb des Einkaufszentrums (z.B. Apotheken oder Lebensmittelgeschäfte) geöffnet hatten. Dem OGH folgend war die Betreiberin während eines pandemiebedingten verordneten Lockdowns und dem Betretungsverbot für das Sonnenstudio von der Pflicht zur Mietzinszahlung befreit. Ein etwaiger vertraglicher Verzicht auf das gesetzliche Mietzinsminderungsrecht lag auch nicht vor.
Die Intention des Fixkostenzuschusses liegt in der Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und der Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen i.Z.m. der Ausbreitung von COVID-19 und der dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen. Eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist, dass das Unternehmen zumutbare Maßnahmen gesetzt haben muss, um die durch den Fixkostenzuschuss zu deckenden Fixkosten zu reduzieren. Der OGH sieht jedoch keine Verpflichtung für den Mieter, die staatliche Unterstützung in Form des Fixkostenzuschusses an den Vermieter herauszugeben – der Fixkostenzuschuss dient also nicht dazu, den gesetzlichen Mietzinsausfall des Vermieters wettzumachen. Die Betreiberin des Sonnenstudios ist überdies ihrer Schadensminderungspflicht i.Z.m. dem Fixkostenzuschuss gerade dadurch nachgekommen, dass sie die ihr zustehende Mietzinsminderung geltend gemacht hat.
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